Ich hab' noch einen Koffer in Berlin...
Berlin-Fahrt Pfingsten 2003 vom 30.05.-08.06.
Was macht ein Berliner, den es nach Südbaden zu den CFF verschlagen hat? Er will den Kleinstädtern mal eine Großstadt zeigen. Das ließen sich die Clubmitglieder nicht zweimal sagen: 25 Einheiten machten sich Ende Mai auf den Weg in die Hauptstadt. Vorneweg sei es schon gesagt: Dank der guten Vorbereitung durch unsere Clubmitglieder Helma und Lothar bereute keiner der Teilnehmer die weite Anreise. Standort war der DCC-Campingplatz Gatow.
Die Eröffnung wurde durch einen kurzen Regenschauer begleitet. An den folgenden Tagen war ein Schirm jedoch eher gegen die Sonne notwendig. Diese brannte
erbarmungslos auf die Hauptstadt, die Temperaturen überstiegen die 30 Grad-Marke. Der Verdacht drängte sich auf, dass Berlin uns zeigen wollte, wie heiß es auch hier sein konnte. Aber eigentlich sind wir das ja gewohnt, da wir ja in der "Bratpfanne Deutschlands" wohnen.
Per Fahrrad und Bus erfolgte am Nachmittag der Besuch der Sacrower Heilandskirche in Potsdam. Der Theaterbesuch am Abend im Spandauer Theater Varianta brachte uns Berliner Lebensart näher. Viele skurrile Hotelgäste gaben sich ein munteres Stelldichein im »Hotel zur flotten Lotte«. Die Zeit verging wie im Fluge. Es war sehr heiss - "... aber das geht mich ja eigentlich gar nichts an". In der Brauerei-Gaststätte „Brauhaus“ unweit des Theaters fand der Abend in einem schönen Ambiente seinen Ausklang.
Zeitig erfolgte am Sonntag der Aufbruch zum Reichstag. Durch den vor dem Reichstag an diesem Morgen stattfindende Abschlussgottesdienst des Kirchentages gestaltete sich der Weg zum Besuchereingang ziemlich
schwierig: 500.000 Besucher des Kirchentages strömten zur gleichen Zeit wie wir aus ganz Berlin zum Reichstag, und wir
mussten mitten hindurch. Dank der klugen Zeitplanung von Helma waren wir dennoch pünktlich. Kurz gesagt: Der Besuch des hohen Hauses, gepaart mit einem interessanten und informativen Vortrag auf der Besuchertribüne war etwas besonderes. Anschließend stiegen wir den Abgeordneten "auf's Dach" und wurden aus der
inzwischen weltbekannten Glaskuppel mit einer tollen Aussicht über Berlin belohnt. In den Menschenmassen der Kirchentagsbesucher versuchte sich unsere Gruppe auf der Straße "Unter den Linden" bis zum S-Bahnhof nicht zu verlieren. Dies gelang nicht ganz, aber es fanden alle Teilnehmer wieder wohlbehalten auf den Campingplatz zurück.
Pünktlich um 10 Uhr stand der Sightseeing-Bus der BVG anderntags auf dem Campingplatz bereit. Lothar hatte als ehemaliger Mitarbeiter der BVG seine Verbindungen benutzt, und uns einen nagelneuen Bus - oben ohne, wie es sich für eine Stadtrundfahrt gehört - besorgt. Mit Führung, also quasi Berlin von oben. Wir bekamen einen guten Überblick über die Großstadt. Unzählig die Sehenswürdigkeiten. Um nur einige zu nennen: Kurfürstendamm, Gedächtniskirche, Schloss Charlottenburg, Brandenburger Tor, Potsdamer Platz, einen Rest der Mauer, Fernsehturm, Palast der Republik, der Gendarmenmarkt mit dem Deutschen und Französischen Dom und dem Schauspielhaus, und und und ...
Für Dienstag war eine Besichtigung des früheren Sender Freies Berlin, jetzt RBB reserviert. Neben den natürlich interessanten Radio- und Fernsehstudios und dem großen Sendesaal, war besonders die akustisch durchdachte Bauform des alten Sendegebäudes
interessant. Im großen Sendesaal hatte unser Clubmitglied Peter Gelegenheit, eine Kostprobe als Klaviervirtuose und Mozart-Interpret zu geben. Wir lauschten andächtig den Tönen, die er dem Flügel entlockte. Als
Abschluss fuhren die CFF dann "gen Himmel" - mit dem Aufzug auf den "Langen Lulatsch", wie die Berliner den Funkturm liebevoll nennen.
Am Mittwoch erlebten wir im klimatisierten Bus - welch eine Wohltat bei der Hitze - eine Schlösserrundfahrt in Potsdam. Mit dem Fremdenführer hatten wir das große Los gezogen: Anecktoden und Geschichten wurden uns mit viel Charme und Witz nahe gebracht. Die Rede war natürlich vom „Alten Fritz“, aber auch vom „Dicken Wilhelm“ – seinen Mätressen und Ehefrauen. Bismarck begegnete uns und Kaiser Wilhelm. Im Schloss Cäcilienhof erfuhren wir von der
Spleenigkeit Stalins während der Potsdamer Konferenz, die ab dem 17. Juli 1945 hier stattfand und die Zukunft Deutschlands besiegelte. Auch so manchen Schwank bekamen wir während der Rundfahrt von unserem Begleiter serviert. Den
Abschluss bildete ein Spaziergang (unklimatisiert) vom Stadtschloss durch den Park zu
Schloss Sanssouci.
Vieles, was wir an den Vortagen gesehen hatten, sahen wir am Donnerstag nochmals während einer fünfeinhalbstündigen Havel- und Spreefahrt von der "Rückseite". Beeindruckend ist das neu aus dem Boden gestampfte Regierungsviertel im Spreebogen. Man könnte an dieser Stelle ganz leicht in politische Aussagen über Sinn oder Unsinn derartiger Geldausgaben verfallen. Ein Eindruck blieb aber haften: "Deutschland muss ein sehr reiches Land sein....". Oder trügt dieser Eindruck?
Nach all den heißen Tagen mit teilweise über 30 Grad im Schatten nutzten alle den freien Freitag und ließen "die Flügel lampen", wie man in unseren Breitengraden so sagt.
Der letzte Tag, der Samstag brachte erst Nachmittags die ersten Aktivitäten. Mit dem Bus ging es zu einer Führung in die Spandauer Zitadelle. In den Kasematten der Zitadelle wurde uns der Unterschied in der Qualität von Führungen so richtig klar. Das krasse Gegenteil zum Mittwoch. Viel mitbekommen haben wir nicht. An der Hitze kann es nicht gelegen haben. In den Kasematten war es schön kühl. Da wir aber nun schon mal an Ort und Stelle waren, bereiteten wir uns den Rest des Nachmittags auf das kommende Rittermahl in Zitadellen-Schänke vor. Wir tafelten bis 24 Uhr wie die alten Rittersleut'. Mit viel Essen und Getränk und dazu Bänkelmusik.
Am Sonntag hieß es abreisen. Viele fuhren Richtung Norden oder Osten - wenn man schon mal hier war. Andere blieben noch ein, zwei Tage in Berlin und suchten den Heimweg dann durch den Spreewald. Egal wie auch immer: Es war trotz der beinahe unerträglichen Hitze eine wunderschöne, interessante Woche. Die Teilnehmer haben viele neue Eindrücke gewonnen. Teilweise wurde man auch in anbetracht des geschichtsträchtigen Bodens nachdenklich. Ich denke jedoch, keiner der Teilnehmer möchte diese Woche missen. Natürlich kann dieser Bericht nur einen Bruchteil des erlebten streifen.
Vielleicht hat der/die eine oder andere Teilnehmer/in auch noch einen Koffer in Berlin gelassen und fährt mal wieder. Vielen Dank nochmals an die eingangs genannten Organisatoren für die gute und umsichtige Planung.
Text: K. H. Huber
Bilder: D. Lay, K. H. Huber